Ausführliche Antworten zu Fragen vom Online-Magazin Magdeboogie
Das Magdeburger Online-Magazin Magdeboogie hat uns drei Fragen gestellt und wir mussten in 800 Zeichen antworten. Das war gar nicht so einfach. Deshalb haben wir für Euch hier die ausführlichen Antworten zum Nachlesen, da einige Themen doch komplexer sind.
Jede*r zweite Hochschulabsolvent*in verlässt die Region nach dem Ende des Studium. Welche Perspektiven sollte die Stadt bieten, um langfristig attraktiv zu sein?
Am besten entsteht die Bindung zur Stadt schon im Studium, z. B. durch studentische Projekte und Kooperationen mit Unternehmen und Institutionen. Das schafft Perspektiven und Probierplätze für eigene Ideen der Studierenden und die Kontakte zum Hierbleiben. Aktuelle Beispiele wie das In:takt-Projekt der OVGU oder das schauWerk der Hochschule Magdeburg-Stendal in der Innenstadt sind hervorragende Beispiele für mehr Sichtbarkeit der Wissenschaft in der Stadt und zugleich für das Verwirklichen der kreativen Ideen.
Auch die Förderung von Firmenkontaktmessen beider Hochschulen, von Dual-Career-Konzepten für Angehörige und Familien, von Jobportalen oder ein städtisches Karrierezentrum in Kooperation mit der Wissenschaft kann die richtigen Anreize zum Bleiben und Halten entwickeln. Im Gespräch mit den Studierenden sollten die Wünsche nach einer beruflichen und privaten Zukunft in Magdeburg herausgefunden werden. Darauf kann die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Wirtschaft und der Landesregierung mit passenden Angeboten reagieren und im besten Fall überzeugen. Dazu gehören natürlich auch eine zukunftsfähige Gründerförderung und Unterstützung von Start-ups für den Weg in die Selbständigkeit und Freiberuflichkeit. Magdeburg braucht auch mehr attraktive Arbeitgeber und Gehälter, wie sie andernorts selbstverständlich gezahlt werden. Reale Unterstützungen wie das Otto-von-Guericke-Stipendium der Landeshauptstadt sollten zudem mehr Nachahmer in der Wirtschaft finden. So können die Beziehungen zu den Studierenden schon frühzeitig wachsen.
Magdeburg hat immer noch eine grüne Mitte. Viele junge Menschen nutzen dies im Sommer, um unter freiem Himmel zu feiern und Kultur zu erleben. Dabei entstehen regelmäßig Konflikte mit Polizei und Behörden. Wie sollte mit diesem Konflikt umgegangen werden?
Konflikte entstehen, weil sich einerseits Anwohner in ihrer Ruhe gestört fühlen, andererseits Schäden an den Grünflächen entstehen und Müll zurückbleibt. Daher müssen alle Interessen – die der „kulturhungrigen“ MagdeburgerInnen, die der „ruhebedürftigen“ MagdeburgerInnen, aber auch die der Natur ernst genommen und gleichberechtigt abgewogen werden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass wir uns in einer Landeshauptstadt und nicht in einem Naturschutzgebiet empfinden, ein großstädtisches, kulturelles Leben also dazugehört.
In der Praxis kann dies bedeuten, dass es z. B. an mehreren Abenden in der Woche in einem Stadtgebiet auch durchaus mal bis in die Nacht lauter werden kann, in der nächsten Woche dann die AnwohnerInnen in diesem Stadtgebiet ihre Ruhe haben und woanders gefeiert und Kultur erlebt werden kann. Die Innenstadt spielt dabei eine besondere Rolle, Biergärten und Freisitze am Hassel z. B. müssen zumindest am Wochenende auch bis 1:00 Uhr geöffnet haben dürfen.
Seit Jahren ist es ja bereits nichts Ungewöhnliches mehr, dass z. B. im Stadtpark, im Glacis oder im Klosterbergegarten Veranstaltungen stattfinden. Erfahrene Veranstalter und Vereine kennen die Wege der Bürokratie bereits und haben eher seltener Probleme. Neue Projekte und Initiativen dagegen stehen oft vor einer undurchdringbaren Wand an Vorschriften und zu beteiligenden Ämtern, vor der sie dann resignieren. Bereits seit vielen Jahren fordert future! daher, dass das Kulturbüro als „Servicebüro“ für KulturmacherInnen agieren soll, und dass dafür auch – wenn nötig – eine zusätzliche Stelle eingerichtet werden soll. An dieses ServiceKulturBüro kann sich jeder wenden, der eine Veranstaltung machen will, und dieses Servicebüro übernimmt die Kommunikation mit Ordnungsamt, Bauordnungsamt, Umweltamt, Feuerwehr, Polizei und allen anderen Behörden, an die sich ein Veranstalter aktuell noch einzeln wenden muss.
Übrigens… Kultur muss nicht immer laut sein. Manchmal reicht es schon, die AnwohnerInnen einfach einzuladen, um aus potentiellen BeschwerdeführerInnen Freunde zu machen.
Am Rande: Grundsätzlich soll die in der Frage angesprochene grüne Mitte übrigens nicht nur erhalten bleiben, sondern auch wieder wachsen (wir fordern u. a. 10.000 neue Bäume für Magdeburg – damit alle MagdeburgerInnen ihre Stadt genießen und nutzen können.
Die Landeshauptstadt möchte 2025 Kulturhauptstadt Europas werden. Welche Rolle sollten Subkultur und freie Kulturakteur*innen dabei spielen?
Sie haben eine zentrale Rolle, so wie es in den ersten Jahren der Bewerbung auch angedacht war, aber derzeit (noch) zu wenig praktiziert wird. Nur entsteht auch eine authentische Kultur in der Stadt mit allen AkteurInnen. Eine grundlegende Idee, die hinter dem Stadtratsbeschluss zur Kulturhauptstadtbewerbung stand, war ja, nicht „nur“ den Titel zu erringen, sondern einen großen Impuls auszulösen, der alle AkteurInnen der Magdeburger Kulturlandschaft nicht nur mitnimmt, sondern diese zum grundlegenden Fundament der Bewerbung macht. Mit der Gründung der Kulturbeiräte, in denen auch AkteurInnen aus Subkultur und Freier Szene vertreten waren, wurde dies aufgegriffen. Doch diese Strukturen sind heute leider wenig spürbar, ja fast eingeschlafen. Aus den Beiräten stammen viele tolle Ideen, die nicht in den Verwaltungsschubladen verschwinden dürfen. Nach der Fertigstellung der Bid Books in diesem Herbst ist es von großer Bedeutung, den Fortgang des Bewerbungsprozesses wieder öffentlicher und unter Beteiligung einer breiteren Basis fortzusetzen.
Wir streben insgesamt an, dass die Zusammenarbeit zwischen den kommunalen Kultureinrichtungen und der Freien Szene mehr zur „Normalität“ wird, so wie dies in ersten Schritten bei der Magdeburger Kulturnacht bereits begonnen wurde. Davon würden nicht nur die KulturakteurInnen, sondern alle MagdeburgerInnen profitieren.
Antworten von Mirko Stage, Kandidat im Wahlbereich 5 (Altstadt, Alte Neustadt)